
- 28.06.2024
- Interior Thoughts
Mutig einrichten – was heißt das eigentlich?
Wer sich in Form von Einrichtungsmagazinen, Pinterest oder seinem Instagram-Feed inspirieren lässt, ist oft fasziniert von kreativen und mutigen Entscheidungen.
Maximaler Mustermix, die wildeste Farbkombination oder auch einfach nur eine gestrichene Decke oder eine ungewöhnliche Raumaufteilung – you name it. Für jeden wird es wahrscheinlich etwas anderes sein, das den Gedanken auslöst „das hätte ich mich nie getraut“. Und anders als „das gefällt mir nicht“ oder „in einem solchen Raum könnte ich mich nicht wohlfühlen“, bleibt ein solcher Eindruck für uns nicht neutral, sondern hinterlässt das Gefühl von Mangel – wir stellen fest, dass uns der Mut fehlt.
Was kann man machen, um mutiger einzurichten?
Ich glaube, der erste und wichtigste Schritt ist erstmal die Definition von Mut in diesem Zusammenhang. Ich denke, es geht dabei nicht darum, zu schocken, zu provozieren oder aus Prinzip Dinge anders zu machen oder zu denken. Es geht in erster Linie auch nicht darum, einzurichten, wie es noch nie jemand zuvor getan hat. Ich denke, mutig einrichten bedeutet, dass man sich investiert – mit seinen Gedanken, Kraft, Zeit und Geld.
Meine Beobachtung ist, dass Menschen häufig möglichst viele, aber mindestens einen dieser Faktoren aushebeln wollen und versuchen, dies über konservative Entscheidungen zu tun. Es werden Kompromisse geschlossen und Dinge vertagt. Man wiederholt und reproduziert und holt sich am besten noch weitere kritische Stimmen dazu, die davon abhalten, etwas anderes zu probieren. Das Ergebnis solcher Projekte ist dann maximal okay, meistens eher enttäuschend.
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Maßnahmen für mehr Mut
Wenn wir das nicht immer und immer wieder erleben wollen, braucht es eine andere Herangehensweise, und die hat meiner Meinung nach folgendes Fundament:
1) Eine klare Vision schaffen
Mut hat immer ein „Warum“, denn die meisten Menschen treten nicht aus Spaß aus ihrer Komfortzone heraus. Für die Einrichtung heißt das: Ich muss wissen, wo ich mit meinem Raum hin möchte. Welches Raumgefühl soll sich zukünftig ausdrücken? Was soll er für mich tun und wie soll er auf mich und andere wirken? Je deutlicher das ist, je klarer wir in unserer Vorstellung sind, desto weniger können wir oder andere uns verunsichern. Klarheit schaffen tun wir zum einen mit einer intensiven Auseinandersetzung mit unseren Wünschen und Bedürfnissen, zum anderen mit visuellen Stützen.Diese visuellen Stützen tragen uns auch durch Zeiten der Unlust und Ungeduld. Genau deswegen arbeiten Designer mit Moodboards und anderen Formen der Visualisierung.
2) Durchhaltevermögen – an der Vision festhalten
Wer einen oder mehrere Räume neu einrichtet, braucht einen langen Atem. Egal ob es die Lieferzeiten von Möbeln,Ärger mit Handwerkern oder die Komplexität einer Maßnahme ist, die man völlig unterschätzt hat: es kostet Kraft und braucht Resilienz, und dessen darf man sich bewusst sein. Aus jahrelanger Erfahrung kann ich aber mit Sicherheit sagen: Noch nie hat sich die Mühe nicht gelohnt. Die raffiniertesten und schönsten Räume sind die, für die man die Extra-Meile gegangen ist.
3) Bereitschaft zu scheitern – was wenn meine Vision nicht funktioniert?
Ich habe dazu einen klaren Gedanken: „Es gibt kein Investment ohne Risiko.“
Kann es sein, dass mich die Wandfarbe doch erschlägt und ich sie nach einem halben Jahr umstreichen muss? Ja. Bin ich deswegen dazu verdammt, für immer in weißen Räumen zu hausen? Nein. Nicht jede Idee wird so, wie man sie sich vorstellt. Fehlkäufe vermeiden kann man lernen, dass sie einem nie wieder passieren, kann jedoch keiner garantieren.Hier greift für mich das Bild eines Hindernislaufs sehr gut. Es läuft sich anders, wenn ich meine Hürden kenne und auch weiß, dass ich sie reißen darf und wieder aufstehen kann.
4) Vertrauen üben – Schritt für Schritt mutiger werden
Meine persönliche Erfahrung mit Mut ist, dass sich dieses Attribut wie ein Muskel trainieren lässt. Deswegen bin ich bei Projekten auch absolut offen dafür, Dinge nacheinander umzusetzen, selbst wenn es den Prozess im Zweifel in die Länge zieht oder verkompliziert. Erstmal kleine Schritte zu gehen mit dem Wunsch, dass sie immer größer werden, ist vollkommen okay. Genauso okay ist es, sich dabei Hilfe zu holen. Das kann jemand sein, an dessen Entscheidungsfreude und Stil man sich inspiriert, das kann eine grundsätzlich ermutigende, nahestehende Person sein oder eben auch die professionelle Hilfe, wie sie unsere Kunden erleben. In dem Fall verzichtet man nicht auf die Investition von Gedanken, Kraft, Zeit und Geld, aber trägt sie nicht mehr alleine.